10 Tote für ein Trash-Format von TF1

Im Hinterland Argentiniens sind gestern zwei Helikopter zusammengestossen und abgestürzt. Alle 8 Passagiere und die zwei Piloten waren sofort tot. Die Helikopter waren für die Produktion einer Dschungel-Reality-Show für den französischen Privatsender TF1 unterwegs.

 

In meiner Zeit als Chefredaktor und Direktor des Schweizer Fernsehens war es meine schlimmste Horrorvorstellung, einer Familie kondolieren zu müssen, deren Vater oder Mutter während eines Arbeitseinsatzes fürs Fernsehen ums Leben gekommen ist. Wenn Reporter und Kameraleute in ein Krisengebiet flogen, pflegte ich sie vor der Abreise in mein Büro zu zitieren und ihnen einzuschärfen, vorsichtig sein. Der Satz „Keine Kameraeinstellung ist es Wert, Euer Leben zu riskieren“ gehörte immer zu diesen Ermahnungen. Wir organisierten auch Trainings zur Erkennung und Vermeidung von gefährlichen Situationen. Zum Glück ist es nie zu einem schlimmen Unfall oder gar Todesfall gekommen.

 

Und jetzt mussten 10 Menschen für ein Unterhaltungsformat von TF1 sterben. Die Sendung, die Firma ALP („Adventure Line Productions“) produzierte, ist die französische Ausgabe des Reality-Formats „Dropped“ („ausgesetzt“), eine Art Dschungel-Camp auf französisch. Man bezeichnet so etwas generell als Trash-Fernsehen. Unter den Toten sind mehrere ehemalige Spitzensportler, darunter die Seglerin Florence Arthaud und Camille Muffat, Olympia-Siegerin im Schwimmen 2012. Sie hatten sich für das Reality-Format zur Verfügung gestellt.  Wie im Dschungel-Camp von RTL, wo C-Prominente gegen das Vergessenwerden kämpfen, indem sie vor laufender Kamera Kakerlaken verspeisen.

 

Bedeutet der Unfall, dass in Zukunft keine solchen Sendungen mehr produziert werden? Vor zwei Jahren ist bei der TF1-Ausgabe von „Robinson“ ebenfalls ein Mensch gestorben; Produzent war auch da die Firma APL. Gelernt hat man daraus nichts.

 

Die SRG produziert kein Dschungelcamp. Mindestens bisher war es so. Aber ich sehe ständig Sendungen, in denen man Menschen heroisiert, in unverantwortbarer Weise Risiken eingehen. Zum Beispiel indem sie als Freejumper von irgend welchen Felsen springen oder auf Skis senkrechte Couloirs hinabfahren. Sie tun das nicht nur vor, sondern für Kameras von SRF (oder von Firmen, die von SRF beauftragt sind). Offenbar ist man der Ansicht, mit solchen Extrem-Formaten ein jüngeres Publikum ansprechen zu können.

 

Bis jetzt ist dabei, so weit bekannt, nie jemand tödlich verunfallt. Zum Glück. Aber lohnt es sich wirklich, für die nächsten Aufnahmen das Schicksal immer wieder neu herauszufordern?

 

 

 

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